Kathrin Stainer-Hämmerle, Professorin für Politikwissenschaft an der FH Kärnten, beleuchtete das Thema aus Sicht des mündigen Bürgers. Laut Umfrage (Eurobarometer 2015) sind rund 43% der Österreicher mit der Demokratie im Land unzufrieden. Stainer-Hämmerle ortet dennoch keine Politikverdrossenheit, sondern vielmehr hohe Skepsis und Kritik an den Ergebnissen der Politik und fordert von BürgerInnen ihre passive Erwartungshaltung gegenüber der Politik in aktives Engagement mit Verantwortung zu ändern. Im Gegenzug bedeutet Partizipation für PolitikerInnen automatisch Machtverlust, aber auch die Chance auf Vertrauensgewinn. “Politik darf nicht mehr als Kampf von Interessen, sondern muss als Herstellung von Gemeinwohl verstanden werden“, so Stainer-Hämmerle.
Dass neue Formen der Partizipation Erfolg versprechen, zeigt sich am Beispiel Vorarlberg. Über positive Erfahrungen bei der Umsetzung von politischen Entscheidungen durch den Einsatz von Bürgerräten berichtete. Manfred Hellrigl, Leiter Büro für Zukunftsfragen, Vorarlberger Landesregierung. Um die immer größer werdende Kluft zwischen Regierenden und Regierten zu schließen, setzte man dort vermehrt auf Selbstorganisation der BürgerInnen und fand im Bürgerrat ein dafür geeignetes Instrument. 12 bis 14 zufällig ausgewählte Personen arbeiten eineinhalb Tage gemeinsam ein Thema aus und präsentieren abschließend eine von allen TeilnehmerInnen getragene gemeinsame Erklärung. Hellrigl fordert eine neue Kultur des Miteinanders und betont: „BürgerInnen bringen eine wichtige Perspektive ein, nämlich diejenige der Personen, die in dem Land leben und auf die dürfen wir nicht verzichten!“
Rita Trattnigg, Expertin für Bürgerbeteiligung und Prozessbegleiterin des Instituts für kulturellen Wandel sah drei wichtige Punkte für Kärnten am Weg in eine erfolgreiche, partizipative Zukunftsgestaltung: „1. ein Bekenntnis der Politik zu qualitativ hochwertiger BürgerInnen-Beteiligung, 2. die Bereitschaft, ein professionell aufgesetztes „Pilotprojekt“ z.B. einen landesweiten BürgerInnen-Rat durchzuführen und 3. „Landeplätze“ in der Verwaltung, die sich mit Bürgerbeteiligung und deren Ergebnissen befassen.“
Die Veranstaltung wurde, unter reger Beteiligung des Publikums, mit einer lebendigen Diskussionsrunde abgeschlossen. Viele Menschen haben den Mut sich zu äußern, werden aber nicht entsprechend gehört. Der Unmut über die fehlende „Feedback-Kultur“ von Seiten der Politik war bei den Wortmeldungen aus dem Publikum deutlich zu spüren. Einigkeit herrschte jedenfalls darüber, dass Kärnten „reif“ für neue Formen der Partizipation ist. Günther Albel, Bürgermeister der Stadt Villach, äußerte sich mit einem klaren „Ja“ zur Einsetzung eines Bürgerrats zum Thema Altstadt. Ein erster Schritt in Richtung einer neuen „Kultur des Miteinanders“?
(Text: FH-Kärnten)